Robotik bei medizinischen Eingriffen
Robotik bei medizinischen Operationen: Potenzial und Einsatzbereiche
Robotik und robotergestützte Systeme gewinnen in immer zahlreicheren Anwendungsbereichen an Relevanz. Auch in der Medizin kommen Roboter immer mehr zum Einsatz. Im OP-Bereich leisten Roboter-unterstützte Systeme bereits jetzt wichtige Beiträge, die von der Orthopädie bis zur Neurologie reichen. Neben dem Marktführer Intuitive Surgical gewinnen auch Start-ups in der Robotik an Bedeutung.
Roboter bei operativen Eingriffen: Überblick und Status Quo
Die robotisch-assistierte Chirurgie lassen sich als eine Weiterentwicklung minimalinvasiver Methoden und Techniken im OP-Bereich verstehen. Minimalinvasive Techniken dienen dazu, bei Patienten das Trauma gering zu halten und eine besonders schnelle Genesung nach der Operation zu gewährleisten. Grundsätzlich sind minimalinvasive Techniken bereits seit den 1980er Jahren im Einsatz. Dazu gehört etwa die Laparoskopie. Seitdem 1983 die erste laparoskopische Appendektomie durchgeführt wurde, kamen zahlreiche minimalinvasive Techniken hinzu. Dazu gehört auch die Roboter-Chirurgie.
Maßgeblich an der Entwicklung beteiligt war das US-amerikanische Militär. Entwicklungsziel war der Bau eines OP-Roboters, der Patienten auch an entfernten Orten unter Zusammenarbeit mit einem Spezialisten behandeln kann (beispielsweise verletzte Soldaten im Einsatz).
Die erste vollzogene Robotik-OP erfolgte im März 1997 durch einen Prototypen. Unter dem Namen Mona Lisa führte der Roboter unter der Leitung von Jacques Himpens eine Cholezystektomie (Entfernung der Gallenblase) durch. Es folgte im Jahr 1998 eine Bypass-OP im Herzzentrum Leipzig.
Bei diesen und folgenden Einsätzen agieren Roboter nicht etwa autonom, sondern als eine Art verlängerter Arm des Chirurgen. In der Robotik geben Spezialisten die Anweisungen, während der Roboter die Vorgaben ausführt. Die Steuerbefehle kommen vom Chirurgen, während die Maschine keine autonomen Bewegungen durchführt.
Etablierte OP-Roboter und Trends
Heute kommt bereits eine Vielzahl von Robotik-Systemen und robotergestützten Assistenten in der chirurgischen Anwendung zum Einsatz. Die Anwendungsbereiche reichen von der Orthopädie, über Herz-Thorax-Chirurgie und HNO bis zur Neurologie. Auch in vielen europäischen Kliniken ist die Robotereinsatz bereits Alltag: während Patienten unter Roboterarmen liegen, kontrollieren Chirurgen die Roboter von einer Art Cockpit aus. Mittels Steuergriffen können Chirurgen die Roboter-Arme bedienen und über das Cockpit bis zu zehnfach vergrößerte Bilder des Körperinneren sehen.
Ein etabliertes und weit verbreitetes Roboter-System ist unter dem Namen da Vinci Surgical System bekannt und stammt aus dem Hause Intuitive. Das US-amerikanische Unternehmen hat dieses System im Jahr 1999 in Europa zugelassen. Im Jahr 2000 wurde das System auch durch die FDA in den USA zugelassen. Seit Zulassung hat Intuitive eine Art Monopol aufgebaut.
Nachdem das System zunächst insbesondere für OPs am Herzen Anwendung fand, folgten seitdem in erster Linie urologische Einsätze. Bereits im Jahr 2008 wurden in den USA 77 Prozent sämtlicher Prostata-OPs mit Hilfe von da-Vinci-Systemen durchgeführt. Mit Stand 2017 waren weltweit mehr als 4.000 solcher Systeme im Einsatz, davon 719 in Europa.
Allerdings zeigt der Trend in Richtung zahlreicher neuer Innovationen im Bereich der OP-Robotik. Beobachter erwarten einen Robotik-Boom, da inzwischen einige wichtige Patente in diesem Bereich abgelaufen sind. Mit durchdachten Neuentwicklungen, die teils mit KI ausgestattet sind, wollen Start-ups den Systemen von da Vinci Konkurrenz machen.
Intuitive Surgical: Arbeit eines Robotik-Pioniers in der Chirurgie
Das US-Unternehmen hat seinen Hauptsitz im Silicon Valley in Sunnyvale, Kalifornien. Das Unternehmen ist weltweit präsent und verfügt über zahlreiche Niederlassungen und Produktionsstätten. Sein Hauptsitz in Europa liegt in Aubonne.
Intuitive Surgical ist direkt mit dem Markennamen da Vinci verbunden, unter dem Roboter-assistierte Chirurgiesysteme vertrieben werden. Intuitive ist im Jahr 1995 gegründet worden. Im Jahr 2000 erfolgte der Börsengang. Seitdem ist es Teil der Indizes S&P 500 sowie NASDAQ-100. Im selben Jahr ließ die US-amerikanische FDA das da Vinci Surgical System für die Anwendung in der laparoskopischen Chirurgie zu.
Entwicklungsziel war eine Optimierung minimalinvasiver Chirurgie. Patienten sollen sich nach einem OP-Eingriff möglichst rasch erholen. Auf Basis vieler Jahre der Pionierarbeit hat der Roboter-Spezialist ein größeres Produkt- und Systemportfolio samt entsprechender Dienstleistungen aufgebaut. Heute sind die Systeme der Marke da Vinci in 67 Ländern auf der gesamten Welt im Einsatz. Weltweit wurden laut Herstellerangabe bereits mehr als 7 Millionen Prozeduren mit da-Vinci-Produkten durchgeführt. Mehr als 52.000 Operateure sind bereits ausgebildet worden.
Diagnostik mit AI: Überblick und Ablauf
Die Unterstützung durch Roboter in der Chirurgie beginnt bereits bei kleinen Handgriffen. Speziell minimalinvasive OPs, die sehr kleine Schnitte erfordern, profitieren von der Präzision eines Roboterarms. Dies ist der Grund, weshalb die Robotik das viel zitierte “ruhige Händchen” wahren kann, auf das es in Präzisionsaufgaben ankommt. Bei vielen Eingriffen muss ein zweiter Arzt bei der OP Geräte wie Endoskope halten. Roboter können diese Aufgabe ohne Zittern oder menschliches Versagen übernehmen.
Ein weiterer Vorteil des Robotereinsatzes besteht darin, dass diese Systeme die Bewegungen des Chirurgen in Echtzeit in eine andere Größenordnung umrechnen können. Bewegt der Arzt etwa die Steuereinheit an der Konsole um einen Zentimeter, kann ein Rechner diese Bewegung so umrechnen, dass sich der Roboterarm beispielsweise einen Millimeter bewegt. Dies ermöglicht eine bisher nicht mögliche Exaktheit in der Chirurgie, da Eingriffe bis auf einen Zehntel-Millimeter genau möglich sind. Dies ist sonst selbst bei größter Erfahrung und Konzentration kaum umsetzbar.
Diese Präzision ist ein wesentlicher Beitrag zu den gewünschten minimalinvasiven Techniken. Roboter-unterstützte Systeme reduzieren durch ihre Präzision Operationstraumata des Patienten. Die Folge sind eine deutlich reduzierte Belastung des Patienten, geringere Schmerzen und eine verkürzte Regenerationszeit. Es lässt sich bereits jetzt feststellen, dass beispielsweise Blutverlust und damit die Notwendigkeit von Transfusionen mit Einführung der Roboter-OPs bei sämtlichen Eingriffen reduziert werden konnten.
Dieser medizintechnische Fortschritt ist auch mit betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Vorteilen verbunden. Durch die raschere Genesung wird die Verweildauer im Krankenhaus reduziert. Die Arbeitskraft eines Patienten ist schneller wiederhergestellt.
Gefahren und Risiken der Robotik
Bei aller Unterstützung, die Roboter in der Medizintechnik und Chirurgie leisten können, darf die Fehleranfälligkeit der Systeme nicht unterschätzt werden. Es besteht die Gefahr, dass sich Chirurgen und Ärzte zu sehr auf die Robotik verlassen. Gerade die ersten OP-Roboter zeigten noch Ausfallerscheinungen beziehungsweise unerwünschte Nebeneffekte. Beispielsweise hat das bereits in den 1990er-Jahren eingeführte Gerät Robodoc zu einigen Zwischenfällen geführt, durch die mehrere Patienten auf Schmerzensgeld klagten. Dieses Roboter-System kommt bei der rechnerunterstützten Fräsung sowie Implantation von Hüftgelenk-Prothesen zum Einsatz. Hier mehrten sich Fälle, in denen Robodoc zu viel abfräste oder die umliegenden Muskeln zu stark dehnte. Einige Kliniken stellten den Einsatz von Robodoc daher wieder ein.
Im Hinblick auf das da Vinci Surgical System zogen Forscher der Universität Illinois folgende Fehlerbilanz. In 14 Jahren des Einsatzes zeigten sich im Zusammenhang mit diesen Systemen 8061 Gerätefehler, 1391 Verletzungen der Patienten sowie 144 Todesfälle. Zu den Ausfallerscheinungen gehörten heiß gelaufene Instrumententeile, die in die Operationsöffnungen der Patienten fielen. Ebenso zählten fehlerhafte Bilddarstellungen und Systemabstürze zu den Zwischenfällen. Im Zusammenhang mit diesen Fällen ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich solche Berichte im Wesentlichen auf die ersten Versionen der Geräte beziehen. Weiterhin geht diese Studie nicht auf vergleichbare Komplikationen ohne Robotereinsatz ein.
Ist der Roboter verlässlicher als der menschliche Chirurg?
Es herrscht unter Chirurgen und Robotik-Experten Einigkeit darüber, dass das Potential der technischen Unterstützung der minimalinvasiven Chirurgie auch in Zukunft immer stärker genutzt werden sollte. Es gilt als unbestritten, dass die Bewegungen der Maschine akkurater und präziser sind als es ein menschlicher Chirurg sein kann. Dennoch herrscht Konsens darüber, dass Roboter den menschlichen Arzt nicht ersetzen können. Roboter-unterstützte Systeme agieren eher als eine Art verlängerter Arm des Arztes. Sie übernehmen die Rolle eines verlässlichen Assistenten. Die roboter-assistierte OP bleibt grundsätzlich in der Hand des menschlichen Chirurgen, da dieser die Steuerbefehle ausübt. Während der Chirurg im OP-Saal unersetzbar bleibt, wird seine Arbeit durch Robotik-Unterstützung immer exakter und verlässlicher.